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Jacob Schopf im Interview

von Ronald Verch

Vor seiner Abreise ins erste Trainingslager des Jahres stand unser Weltmeister Jacob Schoof Tobias Gutsche von der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) Rede und Antwort. Es ging um die vergangene Saison, die Unterstützung durch seine Sponsoren und das bevorstehende Olympiajahr. Hier geht es zum Artikel.

Der 21 Jahre alte Potsdamer Kanu-Weltmeister über Olympia-Hoffnung, Auslands-Trainingslager in Corona-Zeiten sowie Haarausfall.

Der gebürtige Berliner Jacob Schopf ist eines der größten deutschen Kanu-Talente. Im Januar war der zweifache Kajak-Weltmeister zum KC Potsdam gewechselt und hatte Olympia in Tokio vor Augen. Wegen der coronabedingten Verschiebung der Spiele auf 2021 bereitet sich der 21-Jähriges aufs Neue darauf vor. Am heutigen Mittwoch reist Schopf mit dem Nationalteam zum Trainingslager in die Türkei. Vorab sprach er mit dem SPORTBUZZER.

Herr Schopf, Sie sind in die Olympia-Vorbereitung 2.0 gestartet. Wie fühlt sich der Neustart an?

Jacob Schopf: Die Meldung in dieser Woche, dass an den Spielen 2021 in Tokio festgehalten wird, aber auch die Aussicht auf Corona-Impfungen, haben bei mir wieder eine Hoffnung aufgebaut. Im vergangenen Frühjahr war sie durch die Verschiebung vorübergehend gestorben. Der Traum, der zwischenzeitlich ein Albtraum war, lebt und ich hoffe, ihn wahr werden lassen zu können.

Und wenn doch wieder alles platzt?

Wenn Olympia abgesagt werden würde, wäre das ein heftiger Schlag. Sport ist natürlich nicht das Wichtigste auf der Welt, aber schon etwas Wichtiges. Für uns Athleten wäre es, als nehme man einem Kind das Eis weg – nur noch schlimmer, weil das Kind das Eis morgen vergessen hat, aber die weltweite Sportkultur nicht so einfach darüber hinwegkommen würde.

Wie erging es Ihnen in der Saison 2020?

Naja, streng genommen war es ja – ohne internationale Höhepunkte – gar keine Saison und trotzdem war es das schwierigste und auch anstrengendste Jahr bisher für mich.

Inwiefern?

Ende August, kurz vor unserer Abschlussregatta in München, bin ich bereits ausgestiegen. Mein Körper hing durch, weshalb wir die Notbremse gezogen haben. Viel Stress, das Durcheinander, die Unsicherheiten und andere Belastungen als üblich habe ich nicht so gut verkraftet. Die Trainer hatten alles gegeben, dass wir noch eine Periodisierung im Jahresverlauf hinkriegen, aber das viele Hin und Her bekam mir einfach nicht.

Aber immerhin wurden Sie zweifacher Deutscher Meister im Kajak-Einer mit ansprechenden Leistungen.

Und im Zweier bin ich mit meinem Partner Max Hoff bei einer Testfahrt 3:05 Minuten über 1000 Meter gefahren – so schnell waren wir noch nie. Wir waren auf einem Top-Level und hätten in Tokio gut etwas reißen können. Jetzt müssen wir zusehen, uns weiterzuentwickeln, um nächstes Jahr noch fitter zu sein.
Für Sie als 21-Jährigen kann die zusätzliche Reifezeit förderlich sein. Max Hoff ist 17 Jahre älter.

Wie sind Sie als Team mit der Verschiebung umgegangen?

Wir haben viel zusammen geredet und uns gegenseitig gestützt. Max hat viele Qualitäten – eine besondere ist seine Ausdauer – daher zieht er beeindruckend weiter durch und ich weiß, dass er 2021 weiterhin topfit sein wird. Man hat ja auch nicht von einem Tag auf den anderen Haarausfall, sondern das ist ein Prozess. Insofern werden routinierte Athleten, die voll weitertrainieren, auch nicht innerhalb eines Jahres schlechter, nur weil sie ein bisschen älter geworden sind.

In Vorbereitung auf Olympia reisen Deutschlands Spitzenkanuten am Mittwoch für drei Wochen an die türkische Mittelmeerküste nach Belek. In Pandemie-Zeiten wirkt das irritierend. Warum ist es notwendig?

Wir sind Leistungssportler, wollen und sollen Top-Leistungen bringen. Die können jedoch nur unter optimalen Bedingungen erzielt werden. Wir müssen jetzt im Winter Grundlagen legen, haben ein tägliches Trainingssoll von bis zu vier Einheiten auf dem Wasser – das schafft man bei den Witterungsbedingungen und dem eingeschränkten Tageslicht hier nicht. Wenn es so kalt draußen ist, dass man danach unter der warmen Dusche das Gefühl hat, als würden einem die Wurstfinger aufplatzen, dann ist das nicht optimal. In einem Warmwasser-Trainingslager arbeitet man effizienter, konzentrierter, schafft mehr – und es ist, sagen wir mal, bei dem Klima lebensfreundlicher (lacht).

Normalerweise ist im Winter Florida die Wahlheimat der deutschen Kanuten. Wegen Corona ist die Wahl nun erstmalig auf die Türkei gefallen.

In Florida hatten wir einen schönen Standard, waren mit allem vertraut. Jetzt betreten wir Neuland – und das in der olympischen Saison. Im Normalfall würde man so einen Schritt sehr mutig und vielleicht waghalsig nennen, jetzt ist es aus sportlicher Sicht eine sehr gute Notlösung. Unser Bundestrainer Arndt Hanisch war vor einigen Wochen vor Ort, hat sich angeguckt, ob die Bedingungen stimmen und die Hygieneregeln dort gut eingehalten werden. Es soll alles passen.

Was ist für den Winter noch geplant?

Anfang Januar ein Skilager in Davos, im Februar wieder ein Warmwasser-Lehrgang. Da gibt es Variante A, B, C, D und so weiter. Wir müssen abwarten, wie sich alles entwickelt.

Die Weltklasse-Kugelstoßerin Christina Schwanitz berichtete unlängst, dass in der Coronakrise all ihre drei Sponsoren abgesprungen seien und sie jetzt nur die Bundeswehr als einzigen Förderer habe. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Ich bin froh, über die Bundeswehr-Sportfördergruppe ein sicheres Einkommen zu haben. Dazu kommt die Sporthilfe. Bisher war ich noch nicht so reich an Sponsoren bestückt, wie manch andere, denn ich stehe ja noch am Anfang meiner Karriere. Der gemeinsame Bootssponsor von Max und mir, CMde (ein Shopping-Center-Management, Anm. d. Red.), unterstützt uns weiter. Und mit der Potsdamer Firma G. Rhauda Gebäudereinigung habe ich sogar einen neuen Sponsor hinzu bekommen, was mich sehr freut.

Sie studieren Sport und Geografie auf Lehramt. Wie klappt das in der aktuellen Zeit?

Mir tut die geistige Herausforderung neben dem Sport gut. Nach vier Semestern an der HU Berlin bin jetzt an die Universität Potsdam gewechselt. Die meisten Studenten sind von den derzeitigen Online-Vorlesungen und -kursen genervt. Ich finde das aber super, weil es für einen Leistungssportler mehr Möglichkeiten schafft. Bei Präsenzveranstaltungen kommt man nur schwer voran, wenn man eben wegen Trainingslagern und Wettkämpfen nicht präsent ist. Online geht das.

Dann eben auch von der Türkei aus.

So ist der Plan.

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